Feng Shui und der Schrank der Erinnerungen oder wenn „Räume“ Geschichten in sich tragen

Feng Shui als leiser Begleiter: Wie ein alter Schrank zum Erinnerungsspeicher wurde, warum Loslassen Zeit braucht und weshalb Wohnen mehr ist als Ordnung.

Ein Schrank voller Zeit

Eigentlich wollte ich ganz woanders anfangen. Das Kaminzimmer stand ja auf meiner inneren Liste der Veränderungen mit Hilfe von Feng Shui ganz oben. Jener Raum, in dem das Leben pulsiert, die Kinder spielen, der Weihnachtsbaum bald steht und Gemütlichkeit ihren festen Platz hat. Doch wie so oft führte mich der Weg nicht dorthin, wo ich ihn geplant hatte, sondern an ein ganz anderes Ende der Wohnung. Zu einem alten Schrank. Genauer gesagt: zu einem Büffet, das seit Jahren mein persönlicher Erinnerungsspeicher war.

Dieser Schrank war kein Möbelstück wie jedes andere. Er war mein Speicher. Für Tagebücher mit Plänen, Gedanken über Glück und Sorgen und kleinem und größerem Kummer der heute teilweise banal erscheint mit 14 eine Katastrophe war, alte Kalender, lose Zettel, Erinnerungen, Gedankenfragmente, längst vergangener Jahre. Ein Ort, an dem Zeit lag, meine Zeit, meine Vergangenheit die doch die Gegenwart noch beeinflusst, dicht geschichtet, still und wartend. Auf was?

Feng Shui beginnt oft dort, wo wir zögern

Im klassischen Feng Shui heißt es, dass sich stagnierende Energie dort sammelt, wo Dinge lange unbewegt bleiben. Schränke sind dafür ein Paradebeispiel. Geschlossene Türen, gefüllte Fächer, Schubladen, die man lieber nicht öffnet. Nicht aus Faulheit, sondern aus Respekt. Oder aus Angst. Oder einfach um die Themen die darin verborgen sind nicht mehr zu berühren müssen.

Denn was sich dort verbirgt, ist selten nur Krimskrams. Es sind Geschichten. Eigene und fremde die sie irgendwann mal betrafen. Erinnerungen, die man nicht einfach in eine Kiste packt und entsorgt. Und genau deshalb schob sich das Kaminzimmer immer weiter nach hinten. Praktisch gesehen. Emotional sowieso.

Feng Shui wirkt hier nicht als Regelwerk, sondern als Einladung. Eine Einladung noch mal Hinzusehen, und Hinzuspüren. Zu merken, wo Energie stockt und zwar nicht, weil etwas falsch ist, sondern weil es gesehen werden möchte und vielleicht noch mal überdacht und entschieden losgelassen oder ein Faden sogar wieder aufgenommen der verloren ging.

Der Schrank als Erinnerungsspeicher

Beim Öffnen der Türen war natürlich sofort klar: Dieser Schrank hatte eine Aufgabe, er bewahrte mein eigenes Leben auf. Er bewahrte nicht nur Dinge auf, sondern auch Verantwortung. Tagebücher erzählten von meinem eigenen Leben das erste bekam ich zum 14 Geburtstag von meiner Oma. Sie erzählten noch einmal beim Durchblättern von Gedanken, Hoffnungen und Alltäglichem. Begebenheiten, Lebenssituationen, die längst vergangen sind. Kalender markieren Jahre, die längst vergangen sind und doch nachwirken. Notizen, Briefe, kleine Zettel scheinbar bedeutungslos und doch voller Gewicht.

Feng Shui spricht davon, dass Gegenstände Energie tragen. In diesem Fall war es keine leichte, fließende Energie. Es war dichte, schwere Zeit. Nicht negativ, aber präsent. Und sie verlangte nach Aufmerksamkeit.

Das Ausmisten dauerte lange. Ich blätterte durch Jahrzehnte: Notizen aus der Jugend, Kalender aus Lebensphasen, die heute fern wirken. Viel länger, als es jedes Aufräumvideo im Internet verspricht. Ich las, hielt inne, lächelte, legte weg, nahm wieder auf. Trennte mich von vielem. Bewahrte manches bewusst. Nicht alles muss bleiben, aber auch nicht alles muss gehen.Ich vergoß auch manche Träne die eine innerlich die andere floss tatsächlich.

Loslassen ist kein schneller Prozess

Zwischen den Seiten fand ich Pläne und Träume aus ganz unterschiedlichen Lebensphasen. Mit vierzehn, mit sechzehn, mit zwanzig. Vieles davon wurde vom Leben überholt, manches nie umgesetzt und doch, das war das schöne an dieser Aktion, war da kein Bedauern. Eher Dankbarkeit. Denn mein Leben war auch ohne die Erfüllung mancher Träume „reich“, bewegt und schön. Manches möchte ich noch wieder aufnehmen, weiterführen aber anderes, oder lösen. Das meiste konnte ich einfach lächelnd loslassen.

Ein zentraler Gedanke im Feng Shui ist ja das Loslassen. Doch Loslassen bedeutet nicht Wegwerfen. Es bedeutet Entscheiden. Und Entscheidungen brauchen Zeit, besonders dann, wenn Erinnerungen im Spiel sind.

Ich habe gelernt: Räume lassen sich nicht schneller verändern als das Leben, das in ihnen stattfindet. Der Schrank verlangte mehr Zeit als geplant. Und so rückte das Kaminzimmer weiter in die Zukunft. Nicht aus Nachlässigkeit, sondern aus Notwendigkeit. Weil es so passt!

Das ist ebenfalls Feng Shui: dem natürlichen Rhythmus folgen. Nicht gegen den Alltag arbeiten, sondern mit ihm.

Wohnen zwischen Alltag und Jahreszeit

Jetzt steht der Weihnachtsbaum im Kaminzimmer. Die Kinder kommen, wir spielen, lachen, machen es uns gemütlich. Aus praktischen Gründen und aus tiefem inneren Einverständnis bleibt dieser Raum vorerst, wie er ist. Er ist warm und lebendig, einfach stimmig.

Das große Wohnzimmer hingegen bleibt bewusst ruhig. Clean, wie man heute sagt. Weniger Dinge, mehr Luft. Ein Ausgleich zum Trubel. Auch das ist Raumgestaltung im Sinne des Feng Shui: unterschiedliche Zonen für unterschiedliche Bedürfnisse.

Nicht jeder Raum muss gleichzeitig verändert werden. Manchmal ist es klüger, einen Ort zu lassen, wie er ist besonders dann, wenn er gerade erfüllt wird.

Feng Shui jenseits von Regeln

Früher hätte ich mir vielleicht Vorwürfe gemacht. Warum ich nicht konsequent Raum für Raum vorgehe. Warum der Plan sich verschiebt. Heute weiß ich: Feng Shui ist kein Projektplan.

Es ist eine Haltung. Ein bewusster Blick auf das Zusammenspiel von Raum, Zeit und Leben. Der Schrank hat mir das deutlich gezeigt. Er war kein Hindernis, sondern ein notwendiger Anfang.

Denn wie soll ein Raum (Schrankraum) frei werden, wenn die Vergangenheit noch ungeordnet darin liegt?

Ordnung als Würdigung

Das Sortieren der Tagebücher war keine Pflichtübung. Es war eine Form der Würdigung. Manche Dinge durften gehen, weil ihre Aufgabe erfüllt war. Andere blieben, weil sie weiterhin Bedeutung tragen.

Im Feng Shui spricht man davon, dass Ordnung Klarheit schafft. Doch diese Klarheit entsteht nicht durch starre Systeme, sondern durch bewusste Entscheidungen. Was darf mich weiterhin begleiten? Was darf ruhen? Und was darf endlich gehen?

Der Schrank ist jetzt leichter. Und ich auch. Nicht leer, aber durchlässiger. Die Energie darin fühlt sich anders an. Weniger gedrängt und weniger schwer.

Warum der Neubeginn Zeit braucht

Dass sich das Kaminzimmer nun erst nach Weihnachten verändern wird, fühlt sich richtig an. Es ist kein Aufschieben, sondern ein Einordnen. Manche Räume brauchen den Winter, die Gemeinschaft, das Zusammensein. Andere verlangen nach Rückzug und Ordnung.

Feng Shui folgt den Jahreszeiten. Dem natürlichen Wandel. Und genau das geschieht hier. Erst der Schrank. Dann der Keller. Dann,wenn die Zeit reif ist, das Kaminzimmer.

Räume als Spiegel

Dieser Schrank hat mir gezeigt, wie sehr Wohnen ein Spiegel ist nicht nur für das, was wir besitzen, sondern für das, was wir gelebt haben. Nicht nur für das, was wir darin horten, sondern für das, was wir in uns tragen. Alles an Erinnerungen, Verpflichtungen, Geschichten, Plänen, Ideen…..

Und ich kann mich immer noch daran erinnern wie meine Urgroßmutter vor vielen Jahrzehnten aus dem Schrank ihr gutes Geschirr an Weihnachten holte und die Blechdose mit den Springerle.

Ein Zuhause ist dann im Gleichgewicht, wenn es die Bedürfnisse widerspiegelt, die wir JETZT haben. Nicht früher mal hatten oder vielleicht irgendwann.

Manche Pläne erfüllten sich übrigens trotzdem leise, fast unbemerkt, Jahre später. So tief waren sie verankert, dass sie ihren Weg fanden, auch ohne mein bewusstes Zutun. Diese Erkenntnis war vielleicht der schönste Moment dieses Aufräumens.

Der Weg dorthin ist selten geradlinig aber immer ehrlich.

Ausblick

Das Kaminzimmer wird kommen. Ich mache weiter, Raum für Raum, Schrank für Schrank, ohne Eile sondern mit Gefühl. Der Schrank war der Anfang nicht geplant, aber notwendig.

Feng Shui zeigt sich manchmal genau dort, wo wir es nicht suchen. In einem alten Möbelstück. In vergessenen Papieren. In der Entscheidung, etwas noch ein wenig so zu lassen, wie es ist.

Und genau darin liegt seine leise Kraft.

Gegenwärtig bewahrt dieser Schrank nun übrigens keine Geschichten mehr auf, sondern Essenzen. Meine ätherischen Öle, Aura Soma Öle und Bachblüten. Pflanzenkraft, Farbe und Schwingung, die wirken, ohne viele Worte zu brauchen.

Das ist für mich ein leuchtendes Beispiel dafür, wie Dinge sich nicht einfach ändern, sondern sich mit dem Leben verwandeln.

Von Admin