Wie wurde ein Stundenbuch in der Praxis benutzt?

Wie ein Stundenbuch in der Praxis benutzt wurde also nun im echten Leben und Alltag zwischen Arbeit und Kindern und Haushalt etc. war mir immer noch ein kleines bisschen rätselhaft. Daher habe ich mich noch mal für einen 2. Beitrag damit auseinandergesetzt, recherchiert und kreativ entwickelt wie es gehen könnte. 📖

1. Gebetszeiten strukturieren war zuerst mal der tiefere Sinn

Im Mittelalter war das Stundenbuch vor allem ein Gebetsbegleiter für Laien, also für Menschen außerhalb des Klosterlebens. Es half ihnen, wie die Mönche den Tag in Abschnitte zu gliedern:

  • Matutin (Nachtgebet)
  • Laudes (Frühmorgengebet)
  • Prim (erste Stunde = 6 Uhr)
  • Terz, Sext, Non (9, 12, 15 Uhr)
  • Vesper (Abend)
  • Komplet (Nacht)

Diese „Stunden“ waren oft mit kleinen Gebeten, Psalmen oder Hymnen belegt – manchmal abgeschrieben, manchmal nur angedeutet, weil man sie schon auswendig kannte.


2. Persönliches Glaubensbuch

Viele Adelige und wohlhabende Menschen ließen sich Stundenbücher illuminieren – also mit Gold, Farben und Bildchen verzieren. Sie enthielten dann:

  • Heiligenkalender
  • Festtage
  • persönliche Schutzheilige
  • Gebete für Krankheiten, Reisen, Geburt, Tod
  • sogar astrologische oder medizinische Hinweise

💫 Magie & Alltag flossen hier ineinander.


3. Ein bisschen wie ein Seelenkompass

Ein Stundenbuch war nicht wie ein Tagebuch nach dem Motto „Liebes Tagebuch, heute war ich traurig“. Aber es diente der inneren Ausrichtung:

  • Man las am Morgen einen Psalm und sprach ein Bitten-Gebet für den Tag.
  • Man hielt abends vielleicht inne und dankte für das, was war.
  • Man erinnerte sich an Verstorbene und ihre Bedeutung für das eigene Leben.
  • Oder bat um Fruchtbarkeit, Schutz, Erkenntnis also sendete einen Wunsch aus.

Viele Menschen fühlten sich durch das Schreiben oder Lesen ihrer Texte mit dem Göttlichen verbunden – egal ob christlich, keltisch oder ganz eigen.


🖋️ Was wurde konkret hineingeschrieben?

  • Standard-Gebete (Vaterunser, Mariengebete, Psalmen)
  • 🌿 Eigene Anliegen („Bewahre mein Kind auf dem Feld“…….)
  • ☀️ Jahreszeiten-Impulse („Wenn die Sonne zurückkehrt, will ich …“)
  • 📅 Besondere Daten: Geburt, Tod, Hochzeit, Mondfinsternis
  • 🦉 Zeichen oder Träume, manchmal wie kleine Notizen: „Heute rief mich eine Eule – Unheil? Schutz?“ oder „Heute habe ich eine Krähenfeder gefunden – was das wohl bedeutet?“
  • 🖼️ Miniaturen & Bilder, auch als Meditationshilfe, kleine Fotos zur Erinnerung an etwas, ein selbst gemaltes kleines Bild….

Ich könnte mir vorstellen auch den Mondstand zu notieren und wie er sich auswirkt auf mein Leben an diesem Tag. Die Mondstände findest du in jeweiligen Mondkalender des Monats hier zum Beispiel der Mondkalender Juli 2025


Und heute?

Ein modernes Stundenbuch – so wie deins – kann genau das wieder aufgreifen:

🕯️ Ein Ort für deine eigenen Rituale.
📜 Ein Raum für Verbindung – mit dir, deinen Ahnen, dem Wandel.
🌙 Ein Kalender deiner inneren Welt.

Du kannst hineinschreiben:

  • deine eigenen kleinen „Gebete“ oder Segenssätze
  • persönliche Mantras oder Leitsätze, neue Glaubenssätze, Affirmationen….
  • Beobachtungen: „Heute war der Himmel seltsam violett.“
  • Dankbarkeit oder Traurigkeit, was tröstet mich?
  • deine Rauhnachtsvisionen, Neumondrituale, Ahnenbotschaften u.ä.

Unten habe ich mir ein Beispiel ausgedacht wie so ein Tag aussehen könnte in einem Stundenbuch:


📖 Dienstag, 22. Oktober – Tag der Nebelrose


🌞 Morgengruß (zur Stunde der Terz – 9 Uhr)

„Licht, das durch den Nebel dringt, wecke in mir das, was heute wachsen will.“ (Es könnte ein nebliger Herbstmorgen sein durch den gerade die Sonne durchschimmert)

Ich schreibe:

Die Nacht war wirr – ein Traum von meiner Großmutter. Sie sagte, ich solle nicht auf den Ruf im Wind hören. Ich glaube, ich weiß, was sie meinte….
Draußen liegt Tau auf dem Gras. Die Vögel ziehen in den Süden. Ich habe eine Sehnsucht im Bauch…..

🌿 Kräuterimpuls: Ich mische heute Eisenkraut in meinen Tee. Klarheit.


🍵 Mittagsmoment (zur Sext – 12 Uhr)

Ich halte inne:

Heute bin ich dankbar für die Wärme meiner Tasse Tee oder Kaffee, ich genieße das Stück Apfelkuchen mit Sahne dazu. Mein Leben ist schön und dafür bin ich dankbar. Auch für das freundliche Lächeln des alten Mannes beim Bäcker der zuerst sehr garstig schaute.
Mein Herz ist wach und aufmerksam.

🐾 Zeichen des Tages: Ein Rabe hat mich begleitet. Ich glaube, er wollte, dass ich endlich beginne, diese Geschichte aufzuschreiben und mit dem Stundenbuch.


🌜 Abendlicht (zur Komplet – 21 Uhr)

„Was heute war, darf nun sinken. Ich lege es in den Schoß der Nacht.“

Ich notiere:

Ich habe zu viel nachgedacht. Aber auch gelacht. Der Tag war wie Nebel: weich, nicht greifbar.
Ich spüre, dass ich an einer Schwelle stehe. Aber wohin? Ich lasse los was mich heute aufgeregt hat und kläre es morgen.

🪶 Botschaft: Die Eule rief drei Mal – das bedeutet Wandlung. Ich will mutig sein. Vielleicht ist morgen alles schon geklärt.


🌕 Mondstand

Heute ist abnehmender Mond 🌖

Zeit, Altes zu lassen. Ich werde den alten Brief verbrennen. Dann wird es mir leichter und die alte Geschichte ist endlich erledigt.


🔮 Gebetsnotiz (frei gewählt)

„Möge meine Seele erkennen, was bleibt, wenn der Nebel sich hebt.“


So könnte ein Stundenbuch aussehen und leben – Tag für Tag ein wenig anders, mal poetisch, mal nüchtern, mal wild, mal still mal soll es tröstend wirken mal motivierend……

Falls du dazu Ideen hast lass es mich gerne wissen unter den Kommentaren!

Von Petra

Ich schreibe über das Leben zwischen den Zeilen, über alte Rituale und neue Wege. Mich interessieren leise Fragen mehr als schnelle Antworten. Und wie wir dabei nicht vergessen, wer wir eigentlich sind.